13.05.2012

Südwestwind.

PART II: OTHERWISE!


Ich war in London weiillll...

Deswegen.

Ein bisschen komme ich mir vor wie ein Groupie, wie wir hier zwei Stunden vor Einlass und somit vier Stunden vor dem eigentlichen Konzert vor diesem doch sehr rosanen HMV Apollo stehen. Ich bin noch dabei, die restlichen Eindrücke zu verarbeiten, weil London einfach wahnsinnig toll ist... Zwischendurch sind immer wieder seltsame blonde highheeltragende Barbiepuppen mit VIP-Schildchen an uns vorbeigeschlichen, und jetzt dürfen endlich auch die Normalos rein. Ich bin aufgeregt. Verdammt aufgeregt. Wieso?
Weil. Weil DDT nicht einfach eine Rockband ist, selbst wenn man noch alle möglichen Adjektive dranhängt, selbst dann wäre es vielleicht übertrieben, nur dafür nach London zu fahren.
Juri Schewtschuk, der Sänger und Songwriter, ist das Gewissen Russlands, Poet und irgendwie sowas wie ein Familienmitglied. Er war immer überall dabei - und jetzt wird er real! Ich versuche gar nicht erst, zu erklären, wie wichtig DDT in Russland ist - die Leute singen seine Lieder mitten in der Nacht bei den Demos Schrägstrich Spaziergängen in Moskau (falls ihr wisst was da gerade los ist), beliebige Menschen auf der Straße kennen die Texte auswendig - und man weiß sofort, dass jemand "zu den seinen gehört", wenn er mitsingen kann. Onkel Jura, wie er für mich früher hieß :), ist nicht nur ein wirklicher echter Poet, sondern auch politisch, aber nie protzig. Er war 2008 beim Marsch der Unzufriedenen dabei und wurde 2010 von Putin bei einer Disskusion gefragt, wie er heiße, was eigentlich eine Beleidigung ist und es war klar, dass er sich nur Distanzieren wollte. Das ist alles ziemlich verworren und eigentlich eine viel zu lange Geschichte, um sie hier zu erzählen, ich hoffe einfach mal.




Das ist eines der Lieder aus dem neuen Album, das "Inache" heißt: Anders. Es ist eines der aufwändigen, großen Projekte, die es bisher nur zweimal gab. Es ist wütend, erschreckend und gleichzeitig hoffnungsvoll.
Die Texte sind einfach unheimlich poetisch, aber sie beschönigen nichts. Es ist wie es ist - auch wenn es einem manchmal Angst macht.

"AIDS hat unsere Heimat zerfressen"

"Lasst heute Nacht niemanden weinen,
auf dass heute Nacht niemand sterben muss..."

"Geboren in dieser Nacht, verlassen wir die Erde..."

"Freiheit, wie viel, wie wenig hast du uns von dir erzählt?"

Das Lied heißt Südwestwind und das Video ist echt genial..ich hab mich mal an einer Art Übersetzung versucht, ich hoffe es ist mir einigermaßen gelungen. :)
(Wer kein Russisch kann, sollte einfach bis 02:35 vorspulen, weil zuerst eine Neujahrsanprache von Juri Schewtschuk kommt)


Wir haben eine ganze Ewigkeit geschlafen, wir haben dem Wetterbericht vertraut und mit der Stabilität die Zeit gemessen. Wir haben den Weg zum Frühling vergessen, wir haben den Weg in die Freiheit vergessen.
Doch wer ist es, der unsere Höhlen einstürzen lassen,
uns aus dem Schlaf gerissen und uns neue Flügel geschenkt hat?
Es ist der Südwestwind, der Bote einer neuen Ära, er ist aus uns herausgekrochen, hat sich aus der Dunkelheit gerissen und jetzt ist er da und sagt uns, morgen wird alles anders. Siehst du es? Das Eis tritt zurück und das heißt, wir werden uns jetzt öfter sehen, wir werden uns öfter treffen,
Blumen durchbrechen den Asphalt,
morgen wird alles anders.
Es ist keine Zeremonie, kein Versprechen auf einer riesigen Plakatwand, das uns etwas einzutrichtern versucht, das groß und protzig behauptet, morgen würde alles gut. Nein. Anders. Es ist eine Ahnung, ein Gefühl, und trotzdem - oder gerade deswegen - fällt es mir nicht schwer, es zu glauben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Batz was dazu!