Wer nicht in den Besitz des legendären Hardenzwergs gekommen ist, in dem diese Geschichte als "Der RaumdilEtationraum" (von delete? Von Dilettant? WTF) betitelt wurde, darf hier lesen und verwirrt sein:
Ich habe den Raum, in dem ich sitze, ausgemessen. Auf den
Millimeter genau. Erst nur auf die Größenordnung von unter einem Lichtjahr, auch
ein Kilometer war zu klein, also bin ich gleich in die Pikometer geschwenkt,
die Zahl war nicht richtig verarbeitbar, und jetzt steht hier fünf Komma sieben
acht eins neun Quadratmeter. Die Uhr tickt langsam, unaufhörlich und gnadenlos,
sie tickt sehr laut, sie ist lebendig. Eine alte Standuhr, von der ich weder
weiß, woher sie kommt, noch, ob sie überhaupt hierher gehört. Nichts in diesem
Raum gehört wirklich hierher, mich eingeschlossen.
Ein schwerer Schlag, eine globale Fehlermeldung, fällt durch
das zweidimensionale Fenster. Meine Synapsen suchen nach Ankern, um von dort
aus ihre Träume weiterzuspinnen. Ich sehe zu, unbeteiligt.
Die Uhr schlägt hin, schlägt zurück, eine Menge an
Ereignissen, die sich zu einer einzigen Einheit verbindet, so wie eine
Sinusfunktion am Ende auch nur eine Funktion ist, ein Ding, nicht unendlich
viele. Signale erreichen mein Sein in Form von Leben.
Unendlich lange, hat man mir gesagt, werde ich hier sitzen.
Hat wer gesagt? Ich weiß es nicht, denn seit ich hier bin, ist auch diese
Information in meinem Gehirn eingebrannt, ohne, dass ich wüsste, woher sie
kommt. Wahrscheinlich ist das auch nicht relevant, irgendwas sagt mir, dass in
diesem Moment für immer nicht mehr existiert als dieses Zimmer, und ich bin die
Summe des Zimmers.
Weil mir keine neuen Gedanken mehr einfallen, fange ich an,
die Schläge der Uhr zu zählen. Bei drei Millionen
siebenhundertachtundzwanzigtausend vierhundert schlägt erneut eine Art Gong,
der wie das beängstigende Geräusch einer Fehlermeldung klingt.
Die Wände sind komplett weiß und kahl. An der Wand mir
gegenüber hängt ein kleiner Rahmen mit einem Text darin, den ich von meiner
Position aus nicht lesen kann. Sobald ich aufstehe, dehnt sich der Raum ins
Unendliche. Also bleibe ich sitzen. Der Raum hat zwei Fenster, die von
Vorhängen verdeckt sind. Ich sitze auf einem Stuhl in der Mitte. Ich möchte an
mir heruntersehen, um zu verstehen, was los ist, aber ich kann nicht weiter
sehen als bis zum Rand des weißen kahlen Fußbodens. Danach kommt ein leeres
Nichts.
Der Raum hat keine Tür. Wie bin ich hierher gekommen? Der
einzige Durchgang ist das Fenster. Die Inneneinrichtung besteht aus der Uhr,
einer Stehlampe und einem Bücherregal. Ich sollte sagen, die Welt besteht
daraus. Ich stehe auf. Wieder wird der Raum unendlich. Ich hätte gern eins der
Bücher, deren Titel ich von hier aus nicht erkennen kann. Ich trete näher,
laufe zum Bücherregal. Laufe sehr lange. Die Uhr schlägt eine Milliarde mal hin
und her. Es wird ein wenig eintönig, also bleibe ich stehen. Wieder sitze ich
auf dem Stuhl. Aber nicht richtig, ich schwebe ein paar Millimeter über ihm in
einer unbequemen, hockenden Position. Daran ist wohl das Gelaufe schuld. Also
stehe ich wieder auf, drehe mich um und laufe wieder in Richtung Stuhl, nach
einer weiteren Milliarde an Schlägen setze ich mich wieder hin und berühre
diesmal den Stuhl. Ich rechne mir aus, wie lange ich laufen müsste, um zum
Bücherregal zu kommen, und beschließe, die Reise auf später zu verschieben.
Mir wird langweilig, und es gibt nichts mehr zu zählen. Im
Regal sind sechshundertneun Bücher. Ich könnte versuchen, aus einem der Fenster
zu sehen. Ich stehe auf, diesmal verkürzt sich der Raum und ich stoße mit dem
Kopf gegen die Fensterscheibe. Der Vorhang hat den Stoß abgefedert. Ich schiebe
ihn beiseite und sehe hinaus. Dort ist absolut nichts. Der Vorhang reißt sich
aus meinen Händen oder geht durch sie hinduch und zieht sich von selbst wieder
zu. Ich drehe mich um, möglichst vorsichtig, um nicht gegen den Stuhl zu
krachen. Ich krache trotzdem gegen den Stuhl und reibe mir das Knie, das ich
aber nicht sehen kann. Wohne ich hier?, frage ich mich. Nein, antwortet das
Zimmer. Ich bin verwirrt.
In diesem Moment ertönt das Signal ein drittes Mal. Die
Vorhänge werden scheinbar durch einen Luftzug angehoben und darunter entblößen
sich die Fenster. Ich hätte mir gar nicht die Mühe machen brauchen, naja. Die
Fenster sind diesmal aber nicht leer, hinter dem einen schneit es und hinter
dem anderen fallen Blätter in herbstlichen Farben. Die Vorhänge schließen sich.
Das Signal ertönt ein viertes Mal und das Licht geht aus. Es
geht wieder an und der Rahmen mit dem Text darin befindet sich auf einer
anderen Seite des Zimmers. Es geht wieder aus und der Rahmen ist hinter mir,
als es wieder an geht. Aus. Rahmen ist links von mir. An. Er ist wieder vorne.
Mir wird das zu blöd und ich stehe auf und gehe auf den Rahmen zu. Diesmal
klappt es ohne Unfälle und ich kann
endlich den Rahmen ansehen, doch der Text darin ist immernoch nicht lesbar,
nicht zu klein, sondern einfach sehr verworren. GNUFIASL BALM BRA, lese ich.
DUBUTI BROKAJKIM. PFURUNTI MRAM. Ich zwinkere. Jetzt steht an derselben Stelle:
Sehr geehrter Besucher des Raumdilatationsraums. Die Worte hallen in
meinem Sein wider und es gibt ein unendliches Echo, das irgendwann nur an
Energie verliert, ansonsten aber niemals gestreut würde. Ich zwinkere wieder,
und der Text ist weg. Stattdessen ist da ein Bild. Ich zwinkere noch einmal,
der Text ist wieder da.
Sehr geehrter Besucher des Raumdilatationsraums,
wir heißen Sie herzlich Willkommen im ersten Stadium
Ihrer Prozedur. Hier werden Sie mit den Naturgesetzen desjenigen Universums
vertraut gemacht, für das Sie sich im Vorfeld entschieden haben. Die
Entscheidung verlief auf eigene Gefahr und wir haften nicht für ein vorzeitiges
Existenzende aufgrund einer fehlerhaften Entscheidung. Wir behalten uns vor, den
Raum jederzeit aufzulösen, wenn wir es für richtig halten, und etwaige
Änderungen vorzunehmen. Zu Ihrer eigenen Sicherheit versuchen Sie bitte nicht,
den Raum zu verlassen. Wenn Sie dies doch mutwillig tun, werden Sie in das
anarchische Kontinuum geraten, das jenseits des Ereignishorizonts sowie aller
anderen Universen liegt. Das möchte niemand. Sie sollten zudem darauf achten,
Ihren Leihkörper möglichst so zu hinterlassen, wie Sie ihn vorgefunden haben.
Nachdem die Eingewöhnung vonstatten gegangen ist, werden Sie über die nächsten
Schritte informiert werden. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt.
Ich habe dieses Bild vor Jahrhunderten irgendwo auf Tumblr gefunden und gespeichert, habe keine Ahnung, von wem es ist, und wenn es jemand weiß, wäre ich über Auskunft dankbar |
das mit dem spät-zurückschreiben ist doch nicht schlimm, du. hauptsache dir gehts gut. und ich danke dir vielmals für dein liebes kompliment, es freut mich wirklich sehr :)
AntwortenLöschenich glaube dir ist gar nicht bewusst, wie genial der text ist. ich könnte ihn stundenlang weiter lesen, diese worte stundenlang verfolgen. wie bist du auf diese idee gekommen - durch das bild? und noch eine frage, verzeih: hast du ihn in abständen geschrieben oder auf einmal?